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Cyber-Verbrechen boomen!

Donnerstag, 26. November 2009

Internetkriminalität: Mehr Straftaten - niedrige Aufklärungsquoten

von Alfred Krüger

Die Online-Schattenwirtschaft hat Konjunktur: Cyberkriminelle schlagen
immer öfter zu, Schadenssummen steigen rapide. Allein in Deutschland
sollen vier Millionen Nutzer schon Opfer geworden sein. Und die Polizei
tappt oft im Dunkeln.
Die cyberkriminelle Schattenwirtschaft hat Konjunktur. Während der Rest der
Wirtschaft immer tiefer in die Krise rutscht, wächst und gedeiht im
Internet die sogenannte Underground Economy. In den USA wurden im
vergangenen Jahr über 275.000 Fälle von Internetkriminalität bekannt.
Der Gesamtschaden betrug 265 Millionen US-Dollar. Das sei nur die
Spitze des Eisbergs, sagen Experten. Viele Straftaten würden nicht
angezeigt. Es gebe eine hohe Dunkelziffer.

Schadenssummen verdoppelt

Auch in Deutschland hat die Zahl der cyberkriminellen Straftaten in den
letzten Jahren erheblich zugenommen. Mehr als vier Millionen deutsche
Internetnutzer seien bereits Opfer von Cyberkriminellen geworden und
hätten dadurch einen finanziellen Schaden erlitten, hat eine Umfrage
des IT-Branchenverbands Bitkom vom Juli vergangenen Jahres ergeben.
Jüngste Polizeistatistiken bestätigen diesen Trend - so etwa für
Hamburg.
Die Zahl der von der Hamburger Polizei im Internet registrierten Straftaten
hat sich innerhalb von drei Jahren mehr als verdoppelt. Das geht aus
der Antwort des Hamburger Senats auf eine Kleine Anfrage der
SPD-Fraktion hervor. Allein im letzten Jahr habe man einen Anstieg von
knapp 25 Prozent festgestellt. "Und das Dunkelfeld dürfte riesig sein",
schätzt der Hamburger SPD-Innenexperte Andreas Dressel.
Betrügereien bei Internetauktionen und beim Online-Banking sowie Datendiebstahl und
Kreditkartenmanipulationen stehen ganz oben auf der cyberkriminellen
Tagesordnung - nicht nur in Hamburg. Und die Schadenssummen pro Fall
steigen rapide an. "2007 lag die Schadenshöhe pro Phishing-Fall noch
bei 4500 Euro", sagte Jörg Zierke, Präsident des Bundeskriminalamts,
kürzlich der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Jetzt registrieren wir, dass
die Täter Beträge um die 10.000 Euro abphishen. Das ist ein Anstieg von
mehr als 100 Prozent."

Arbeitsteilung bei den Kriminellen

Die cyberkriminelle Schattenwirtschaft sei bestens organisiert und habe
ihre Vertriebswege und Prozesse weiter professionalisiert, heißt es im
aktuellen Sicherheitsbericht des US-Unternehmens Symantec. Es herrsche
ein hohes Maß an Arbeitsteilung - zum Beispiel beim Kreditkartenbetrug.
Einige Gruppen hätten sich hier auf die Verbreitung von Schadprogrammen
spezialisiert, die Internetnutzer ausspähen und Daten stehlen sollen,
sagen die Experten von Symantec. Andere stellen Webseiten zum
"Abphishen" von Nutzerdaten ins Netz.
Wieder andere Gruppen besorgen neue Plastikkarten mit Magnetstreifen. Die
Blanko-Karten werden mit den gestohlenen Bankdaten beschrieben und
anschließend in die Region geschickt, aus der die Daten stammen. Die
zugehörigen Konten können jetzt geplündert werden - ein ausgeklügeltes,
gut funktionierendes und obendrein lukratives System.

Nachholbedarf bei der Polizei


Während die Internetkriminellen mit allen Wasser gewaschen zu Werke gehen, gibt
es für die deutschen Polizeibehörden in Sachen Internetkompetenz
offenbar noch immer einen erheblichen Nachholbedarf. Viele Fälle
bleiben ungeklärt. In Hamburg war die Aufklärungsquote bei
Internetstraftaten im letzten Jahr sogar rückläufig. Fast jeder zweite
Fall wurde hier nicht aufgeklärt. "Die Polizei hinkt am virtuellen
Tatort zu häufig immer noch hinterher", meint Andreas Dressel. Benötigt
würden mehr Spezialisten, Informatiker und Techniker.
Solche Forderungen sind nicht neu. Geschehen ist bisher recht wenig. "Wir sind
gegen neue Phänomene der Kriminalität nicht einmal annähernd
gewappnet", sagt Uwe Dolata vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK).
"Wir brauchen Computerspezialisten und müssen diese auch bezahlen
können", fordert Klaus Jansen, Bundesvorsitzender des BDK. "In keinem
Bundesland gibt es ausreichend Fachkräfte auf diesem Gebiet."
Personalreserven gebe es faktisch nicht, sagt auch Hans Wengenmeir vom bayerischen
Landesverband des BDK. Stelle man fest, dass die Zahl der Betrugsfälle
im Internet überdurchschnittlich zunehme, würden zwar spezielle
Ermittlungsgruppen zusammengestellt. Die Beamten fehlten dann jedoch an
anderer Stelle. Die Cyberkriminellen werden sich vermutlich die Hände
reiben. Ihr "Geschäft" ist nicht nur lukrativ, sondern auch noch vor
Entdeckung ziemlich sicher.

Deutschland international weit vorn

Laut Symantec zählt die Bundesrepublik zu den Ländern mit der höchsten
cyberkriminellen Aktivität. Nach den USA und China belegt Deutschland
vor Großbritannien, Brasilien und Spanien hier den dritten Platz. 2008
spielten sich in der Bundesrepublik sechs Prozent aller
cyberkriminellen Aktivitäten ab, die die Sicherheitsforscher weltweit
gemessen haben. Zum Vergleich: Spitzenreiter USA vereint fast ein
Viertel aller kriminellen Internetaktivitäten auf sich, China immerhin
noch neun Prozent.
Eine Hauptursache für die hohe cyberkriminelle Aktivität hierzulande seien
die rund 700.000 deutschen Rechner, die mit Schadprogrammen verseucht
seien, sagt Symantec. Diese Rechner werden für cyberkriminelle
Aktivitäten aller Art benutzt, etwa zum Versand von Spam, zur
Verbreitung von Schadprogrammen oder zum Angriff auf andere Rechner.
Jörg Ziercke setzt ihre Zahl sogar noch höher an. Der BKA-Präsident
schätzt, dass rund eine Million deutsche Rechner infiziert seien und
ohne Wissen ihrer Besitzer cyberkriminellen Netzwerken einverleibt
wurden.

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